Die Geschichte vor der Geschichte
Das Landgut Burg zur Zeit der Neandertaler und der Steinzeitmenschen
Scroll
Schaut man vom Landgut Burg ins Remstal hinunter, erblickt man zwischen den
stattlichen Dörfern auch heute noch große, weite Ackerfluren.
Während der letzten Eiszeit sammelte sich hier, im Windschatten des Schurwalds, der
Staub der alpinen Vorgletschergebiete an. Meterhohe Lößschichten entstanden. Vom niederen Bewuchs dieser Flächen ernährte sich die eiszeitliche Tierwelt, also
Mammut, das Nashorn, das Wildpferd und das Rentier, besonders in den Jahreszeiten, wenn es in Gletschernähe im Süden und auf der Albhochfläche zu kalt war.
> 45.000 Jahre
Für die eiszeitlichen Menschen war dann das untere Remstal ideales Jagdgebiet. Dort, wo heute der Löss durch Erosion abgetragen ist, kann man auf den vom Löss freigelegten Feldern die Werkzeuge dieser Menschen finden.
Die ältesten Funde stammen vom Neandertaler aus der mittleren Altsteinzeit. Mehrere Freizeitarchäologen haben in den letzten Jahrzehnten von ihnen fast hundert Werkzeuge auf den Feldern unterhalb der „Burg“ gefunden, hergestellt meist aus einem gelblichen Jura-Hornstein, den die Rems von der Alb hierher transportiert hatte. Das Alter dieser Artefakte zu bestimmen ist schwierig, da sie nicht aus Grabungen stammen, und außerdem kein organisches Material zur Bestimmung vorhanden ist. Die Form einiger Werkzeugtypen lässt aber auf ein Alter von 45.000 bis 70.000 Jahre schließen.
Faustkeil und Schaber aus dem Mittelpaläolithikum
Fundort: | Weinstadt |
Alter: | Älter als 45.000 Jahre (Neandertalerzeit) |
Sammlung: | H. Schwegler |
36.000 - 42.000 Jahre
Als der Neandertaler vor ca. 45.000 Jahren bei uns verschwand, tauchte im Remstal unser Vorfahre auf, der Homo sapiens. Bestimmte Werkzeugformen belegen seinen Aufenthalt bei uns schon mit der ersten Besiedlungswelle dieser eiszeitlichen Jäger und Sammler vor ungefähr 40.000 Jahren in der jüngeren Altsteinzeit.
Funde2 Nasenkratzer aus dem frühen Jungpaläolithikum- Aurignacien (Früher Homosapiens)
Fundort: | Weinstadt |
Alter: | 42.000 - 36.000 Jahre |
Sammlung: | G. Romberg |
11.700 - 14.000 Jahre
Auch nach einer besonders kalten Phase der Eiszeit vor ungefähr 20.000 Jahren, in der Süddeutschland nicht bewohnt war, stellten sich von Westen her wieder Nomaden ein, die Eiszeittiere, vor allem Rentiere und Wildpferde, jagten.
Gegen Ende der Eiszeit, in der sich kältere und wärmere Abschnitte relativ schnell ablösten und zeitweise schon Wald entstand, verkleinerten sich die Steinwerkzeuge. Besonders auffallend dabei ist, dass ihr Ausgangsmaterial recht häufig aus größeren Entfernungen kommt, z. B. aus der Gegend westlich von Regensburg. Plattensilex nennt man diesen Feuerstein.
Stichel aus Plattensilex und Kratzer des späten Jungpaläolithikums
Fundort: | Weinstadt |
Alter: | 14.000 - 11.700 Jahre |
Sammlung: | G. Romberg |
8.500 - 11.700 Jahre
Vor ca. 10.000 Jahren endete die Eiszeit abrupt. Unsere Gegend bedeckte sich mit Wald. Doch, auch wenn das eiszeitliche Großwild weitgehend verschwand, gejagt und gesammelt wurde noch immer. Die Jagdstationen wurden nun bevorzugt auf guten Aussichtspunkten der Höhen angelegt, meistens auf trockenen Sandböden. Auch in unmittelbarer Nähe des Landguts Burg existierte eine solche Station, wie die winzigen steinernen Werkzeugteile aus Jurahornstein belegen, die in der sogenannten Mittelsteinzeit hergestellt worden sind.
In der Nachkriegszeit, als diese Flächen noch beackert wurden, hat man dort den Abfall der Produktion gefunden.
Mikrolithisches Dreieck und Spitze aus dem Mesolithikum
Fundort: | Kernen |
Alter: | 11.700 -8.500 Jahre |
Sammlung: | G. Romberg |
4.500 - 8.500 Jahre
Um 6.500 vor Christus kamen die ersten Bauern aus dem Osten. Für sie waren die fruchtbaren Lössflächen des Remstals bestens geeignet. Auf vielen Weinstädter Ackerflächen findet man ihre Hinterlassenschaften, Steinwerkzeuge und jetzt auch Keramik, die sie benutzten. Dass sie auch auf der Fläche des Landguts Burg gearbeitet haben, beweist ein kleines geschliffenes Steinbeil.
FundNeolithisches Steinbeil
Fundort: | Weinstadt-Beutelsbach Flur Burg |
Alter: | 8.500 - 4.500 Jahre |
Sammlung: | H. Schlipf |
Heute
In den folgenden Epochen, der Bronze-, Kelten- und Römerzeit war das untere Remstal immer besiedelt. Die Alemannen gründeten schließlich ab 400 nach Christus die 5 Dörfer, die heute zur Großgemeinde „Weinstadt“ zusammengefasst sind.
Heute liegt hier an dieser Stelle das Hotel & Restaurant Landgut Burg.
Zur WebsiteGünter Romberg
Geboren 1939, lebt Günter Romberg heute in Weinstadt-Endersbach.
Er war Schulleiter in Lenningen. 4 Semester Studium der Urgeschichte an der
Universität Tübingen (Müller-Beck; Hahn; Taute) waren eine wichtige Voraussetzung
als ehrenamtlicher Denkmalpfleger des Landesdenkmalamts von Baden-Württemberg tätig zu werden.
Seine Sammlung vom Gebiet der Mittleren Schwäbischen Alb und deren Vorberge
umfasst schwerpunktmäßig Funde der Rentierjäger am Ende der Eiszeit und der
nacheiszeitlichen Jäger und Sammler der Mittelsteinzeit.
Die wichtigsten Funde im unteren Remstal stammen aus der mittleren Altsteinzeit,
der jüngeren Altsteinzeit und der letzten Phase der Bronzezeit, der sogenannten Urnenfelderzeit.
Mit dem Landgut Burg fühlt sich Günter Romberg besonders verbunden, weil es um 1900 im Besitz seines Großvaters war, der dort ein Ausflugslokal betrieb.
Hermann Schlipf
Hermann Schlipf (1925 - 2005) war Schmuckdesigner und Goldschmiedemeister, wohnhaft in Weinstadt-Endersbach.
Seit 1949 suchte er, angeregt durch den Freizeitarchäologen Eugen Reinhard, im unteren Remstal nach Fundstellen aus der Vor- und Frühgeschichte. Dabei war er überaus erfolgreich.
In seiner Funktion als ehrenamtlicher Mitarbeiter des Denkmalamts Baden-Württemberg führte er auch mehrere Ausgrabungen durch. Sein außergewöhnliches Engagement wurde durch die Auszeichnung mit dem Baden-Württembergischen Denkmalpreis und der Verleihung der Bürgermedaille der Stadt Weinstadt gewürdigt. Am Ende seines Lebens umfasste sein Fundstellenkatalog fast 200 Fundplätze im Bereich der Gemeinde Weinstadt, darunter auch auf dem Gebiet des Landguts „Burg“.